Photographica

Meine Lust an den schwarzen Kästen

Ist Sammeln wichtig?
Diese Frage stellt sich für mich nicht.
Ich bin mit Haut und Haaren der Sammelleidenschaft von alten Fotoapparaten verfallen.

Alles fing so harmlos an.
Vor meiner großen USA-Reise 1981 hatte ich beschlossen, dass ich eine vernünftige Spiegelreflexkamera brauche.
Meine Freude an meiner neuen Kamera war groß!

Aber was tun mit meinen treuen Begleitern der letzten zwanzig Jahre?
Agfa Click II, Agfa Isolette II, Practica und Olympus waren traurig.
Keine Reisen, keine Ausflüge und keine schönen Motive sollte es für sie geben.
Nichts mehr, abgeschoben, nutzlos, verbannt auf das Altenteil.
Sollte ich sie verkaufen?

Keiner wollte meine ausgemusterten Kameras, sie waren alt und nicht mehr auf dem neuesten Stand der Technik.
Ich konnte und wollte mich von meinen „schwarzen Kästen“ nicht trennen und so durften sie in einer Vitrine im Hausgang ihr Dasein fristen.

Ich hatte Freunde zu Besuch und plötzlich kam die Frage auf „sammelst du Fotoapparate“. Ich konnte mit dieser Frage nichts anfangen.
Ich und Kameras sammeln, warum ich?
Ein Freund meinte da stehen doch Kameras in deiner Vitrine, du sammelst doch diese Kästen. Sofort versprach ein anderer Bekannter mir so ein „altes Teil“ zu schenken. Er hatte es von seinem Großvater geerbt und es sei für ihn unnütz und verstaube nur.
Ich konnte mich nicht wehren, ich konnte der Versuchung nicht widerstehen.
Ich war plötzlich Sammler von alten Fotoapparaten.

Seit damals sind einige Jahre vergangen und es wurden inzwischen über 100 neue „alte Freunde“.

Trödler, Flohmärkte und Auktionen sind für mich magische Anziehungspunkte.
Mit einem Tunnelblick auf die schwarzen Kästen durchstreife ich Flohmärkte und freue mich riesig wenn ich für wenig Geld eine ausgefallene Kamera mit nach Hause nehmen kann. Auf Auktionen werde ich manchmal unvernünftig und halte mein Bieterschild länger in die Höhe als ich es mir vorgenommen habe. Meine Sammelleidenschaft hat mir wieder einen Streich gespielt und ich gehe glücklich nach Hause.

Die technischen Details meiner Kameras stehen bei mir nicht immer im Vordergrund.
Wichtig für mich ist die Tatsache, dass ich auf über 100 Jahre Kameraentwicklung mit allen Spielarten der technischen und formgebenden Entwicklung blicken kann.

Einige meiner schwarzen Kästen sind in ihrem Ruhestand noch tätig und ich freue mich über die Fotos die wir zusammen machen.

Es fühlt sich gut an eine alte Kamera aus dem Regal zu nehmen, sie in der Hand zu halten, auf den Auslöser zu drücken und so zu tun als würde man im Jahre 1913 fotografieren.

Ich wünsche mir immer wieder, dass meine Kameras sprechen könnten und sie mir über ihre Vergangenheit berichten.
Manchmal ist es als würde ich sie hören wie sie ihre Geschichten erzählen, wie sie schwadronieren über ihre Reisen und dem Erlebten in fernen Ländern.

Alles Fantasie und Einbildung?
Kann schon sein, aber ich liebe sie alle meine Freunde die „alten schwarzen Kästen“.

Klaus Kiechle
September 2010